S. Burkhardt: Mit Stab und Schwert

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Titel
Mit Schwert und Stab. Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich


Autor(en)
Burkhardt, Stefan
Reihe
Mittelalter-Forschungen 22
Erschienen
Ostfildern 2007: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
784 S., 65 Abb.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Eberl Immo

Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2006/2007 an der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen. Der Verfasser stellt zur «Grundlegung» der Arbeit die Frage, ob die Herrschaft der Kölner Erzbischöfe in der Zeit Friedrich Barbarossas erfolgreicher war als die der Mainzer, und schliesst bei einer möglichen Bejahung die Fragen nach der Grundlage und Dauer dieses Erfolgs an. Um die Fragen zu beantworten, geht der Verfasser auf Bilder, Träger und Funktionen der erzbischöflichen Herrschaft ein. Bilder sind dabei für ihn die Leitvorstellungen, Träger die Personen und Institutionen, die an der erzbischöflichen Macht partizipierten, wobei die Erzbischöfe ganz bewusst nicht als allein Handelnde und Verantwortliche gesehen werden, und Funktionen alle Handlungen, die sich dem Verantwortungsbereich der Erzbischöfe zuweisen lassen. Nach einer Betrachtung des Forschungsüberblicks untersucht der Verfasser die Sozialisation der Erzbischöfe von Kindheit und Jugend bis zu ihrer Wahl, um dann in einem zweiten Kapitel Bischofsbilder – Herrschaftsträger nebeneinander und gegenüber zu stellen. Dabei werden die erzbischöflichen Höfe, die Erinnerung, die Urkunden als «Bildträger» in zahlreichen Auswertungen vom soziologischen Gehalt über die Tugendsignaturen, die Rollenbilder, den Gebrauch der Tugendformen, die Legitimation der Herrschaft in ihren einzelnen Formeln und die Herrschaftsäusserungen sowie abschliessend die in Chroniken und anderen Quellen gespiegelten Bilder und zuletzt Münzen und Siegel abgehandelt.

Ein drittes Kapitel befasst sich mit den Bildern und Funktionen der erzbischöflichen Herrschaft. Ausgehend vom «sozialen Netz» der Raumerfassung mit Ministerialität, Klerus und Laienadel geht der Verfasser zum «Knüpfen dieses Netzes» auf die Mehrung des sozialen Kapitals, die Regulierung mit den städtischen und klerikalen Vergemeinschaftsprozessen samt der Umorganisation der Ministerialität und den Eingriffen in Form von Bestätigungen, Entvogtungen, Schutz- und Rechtsverleihungen, Belehnungen und Schenkungen ein. Er behandelt im Anschluss die Förderung von Bildung und Recht zur Mehrung des kulturellen Kapitals sowie die Änderung der Güterverfassung als Mehrung des ökonomischen Kapitals mit der Betrachtung der Besorgung und Verwendung von Geldmitteln, den Verpfändungen, Steuern und der Frage nach dem Judenschutz mit den Umschichtungen in der Güterverwaltung. Der Frage, ob die Erzbischöfe Vasall des Herrschers waren oder Herrschaft aus eigenem Recht ausübten, wird über die Betrachtung der reichsfürstlichen Stellung, der Befestigungspolitik und des Landesbewusstseins nachgegangen. Umfangreich wird auch die Mehrung des sakralen Kapitals abgehandelt. Neben den regulierenden Massnahmen in der Kultausübung werden dabei die Eingriffe in die Sakrallandschaft mit Reformen, Neugründungen und Observanzänderungen sowie die Förderung des Domkapitels behandelt. Dazu hat der Verfasser aber auch die Heiligenverehrung, Prozessionen, Bautätigkeiten und die Einwirkungen des sakralen Kapitals auf die übrigen Kapitalarten untersucht. Abschliessend geht der Verfasser auf die Haltung der Erzbischöfe im Schisma ein.

In einer Schlussbetrachtung werden zuerst die Entwicklungen in Köln und Mainz im 13. Jahrhundert erörtert, um dann die Ergebnisse der Arbeit dahingehend zusammenzufassen, dass in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts das Kölner Erzbistum gegenüber dem Mainzer das erfolgreichere Modell darstellte. Der Kölner Machtbereich war im «Innern» friedlicher, da der Erzbischof als Schiedsrichter anerkannt war. Die Kölner Erzbischöfe konnten auch ihren Machtbereich besser vor den Einflussnahmen externer Mächte, wie Herrscher, Päpste und Laienadel abschirmen und dazu zeitweise grosse militärische Kräfte mobilisieren. Köln erhielt auch durch den Erwerb der Reliquien der Heiligen Drei Könige eine erhebliche Erhöhung seiner Stellung. Der Erfolg beruhte auf einer institutionalisierten Teilhabe des Diözesanklerus an der Bistumsverwaltung, einem starken Lehenverband mit einem Gleichgewicht zwischen den mächtigsten Dynasten, einer integrierten und vermögenden Ministerialität und Bürgerschaft sowie einer vergemeinschaftenden und aktivierenden Herrschaftsideologie. Diese stellte als entscheidenden Unterschied zwischen Köln und Mainz ein Kontinuität stiftendes Skript zur Verfügung, das die Konvertierung vom sakralem Kapital in andere Kapitalarten und umgekehrt erleichterte.

Der Verfasser hat mit seinem Werk eine tiefschürfende, überaus gelehrte Darstellung geschaffen. Ob die Wahl des Begriffs «Kapital» für alle möglichen Ressourcen insgesamt jedoch glücklich ist, sei in unserer so kapitalgesättigten Zeit dahingestellt. Der Band schliesst mit einem Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Anhängen mit der statistischen Auswertung der Urkunden von Köln und Mainz, aufschlussreichen und den Text ergänzenden Abbildungen, den Netzstrukturen der erzbischöflichen Höfe und den Empfängeritinera der erzbischöflichen Urkunden. Die Arbeit ist eine der umfassendsten und tiefschürfendsten Betrachtungen der geistlichen Herrschaften in den letzten Jahren und wird, auch wenn man die eher negative Beurteilung geistlicher Höfe gegenüber den weltlichen nicht in allen Ausführungen teilt, für die weitere Forschung von grundlegender Bedeutung sein.

Zitierweise:
Immo Eberl: Rezension zu: Stefan Burkhardt: Mit Stab und Schwert. Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich (Mittelalter-Forschungen, Band 22). Ostfildern, Jan Thorbecke Verlag, 2007. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 59 Nr. 2, 2009, S. 247-248.

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 59 Nr. 2, 2009, S. 247-248.

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